Praxisblitzlicht „Soziales Lernen in Bewegung“ im Bildungsforum im Falkenhagener Feld

Im Stadtteil Falkenhagener Feld in Berlin-Spandau leben etwa 37.000 Menschen. Davon sind rund 4.700 Kinder im Alter von null bis zehn Jahren. Viele der Bewohnerinnen und Bewohner beziehen Transferleistungen und sind von Armut bedroht. Kitas und Schulen im Stadtteil berichten von hoher Gewaltbereitschaft schon unter kleinen Kindern bis hin zu jungen Erwachsenen. Um sich den unterschiedlichen Problemlagen von Kindern und ihren Familien zu widmen, entstand das Bildungsforum. Das Bildungsforum fungiert als Schnittstelle zwischen den Familien und den Einrichtungen, wie Kita, Schule, Bibliothek und Familienzentren im Falkenhagener Feld. Es wird von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen gefördert, Träger ist die Paul-Gerhardt-Gemeinde. Die Arbeit des Bildungsforums ist nicht nur erfolgreich, sondern wird auch außerhalb des Bezirks wahrgenommen: 2022 war das Bündnis unter den 5 Finalisten für den Deutschen Kita-Preis nominiert.

Das Bündnis arbeitet zu zwei Schwerpunktthemen: zum einen „Soziales Lernen in Bewegung“ und zum anderen „Eltern erreichen“. Den pädagogischen Fachkräften ist es wichtig, dass problembelastete Familien durchgängig begleitet werden müssen. Das bedeutet zum Beispiel, dass die Kinder schon in der Kita gewisse Grundregeln lernen, die in der Schule weiter vertieft werden. Es wird aber nicht nur mit den Kindern gearbeitet, auch die Eltern und das pädagogische Personal an den Schulen und Kitas werden stets miteinbezogen. 

„Coole Haie beißen nicht“ – eine Broschüre zu Sozialem Lernen in Bewegung 

In vielen Schulen im Falkenhagener Feld gab es schon länger ein Heft mit einer Spielesammlung, in der Übungen zum Sozialen Lernen gesammelt waren. Doch viele der pädagogischen Fachkräfte konnten nicht gut damit arbeiten, weil die Spiele nicht genug mit der Lebensrealität der Kinder zu tun hatten und sich die Umsetzung häufig schwierig gestaltete. Deshalb schlossen sich mehrere pädagogische Fachkräfte im Bildungsforum Falkenhagener Feld zusammen und erarbeiteten eine neue Spielesammlung. Über einen Zeitraum von fünf Jahren haben viele pädagogische Fachkräfte gemeinsam das Soziale Lernen in der Praxis erprobt und das Konzept weiterentwickelt und verbessert. So ist die Broschüre „Coole Haie beißen nicht“ mit Übungen, Spielen und Materialien für Kinder von vier bis zehn Jahren entstanden. Die Spiele bringen den Kindern neben neuen Erfahrungen auch jede Menge Freude und können sowohl in der Arbeit mit Gruppen oder einzelnen Kinder eingesetzt werden. Die Übungen und Spiele sollen dabei helfen, Kommunikationsstrategien einzuüben und Konflikte schneller und gewaltfrei klären zu können. Die Spiele sind in verschiedene Lernfelder unterteilt, wie zum Beispiel Regelverständnis, Selbst- und Fremdwahrnehmung oder Wünsche und Bedürfnisse. Dabei sind die Spiele in der Meereswelt angesiedelt und haben spannend klingende Namen wie „Robben säubern“ oder „Schwimmen gegen den Strom“.

„Die Idee dahinter: der Haifisch ist cool und stark – und er kann gefährlich sein. Deshalb muss er gar nicht beißen oder um sich schlagen. Das können die Kinder gut nachvollziehen. Sie lernen durch die Spiele, ihre Gefühle besser auszudrücken und Konflikte gewaltfrei zu gestalten.“
Sabine Clausen, Projektkoordinatorin Bildungsforum im Falkenhagener Feld 

Die Spiele werden häufig während einer Projektwoche eingeführt. An drei Tagen lernen die Kinder, selbstbestimmt und sozial verantwortlich zu leben. Mit den Eltern werden die gleichen Trainingseinheiten durchgeführt. So machen auch die Eltern Erfahrungen, wie Ausgrenzung wirkt und was sie dagegen tun können. So gehen diese Erfahrungen und diese Verhaltensweisen in die Kultur der Schule und auch in den Alltag der Familien über. 


Tipps 

Soziales Lernen auf den Lehrplan setzen 

Häufig ist eine Herausforderung an Schulen, dass vermeintlich zusätzliche Dinge wie Soziales Lernen oder Projekttage oft hinter den Inhalten des Lehrplans zurückstehen müssen. Hier lohnt es sich dranzubleiben und sich immer wieder klarzumachen, dass Soziales Lernen ebenfalls seinen Platz in den Lehrplänen hat und zudem mit anderen Inhalten verbunden werden kann. Ein anderes Problem: In Grundschulen gibt es häufig eine hohe Fluktuation an Lehrkräften. Das gestaltet den Wissenstransfer schwieriger. Um diesen trotzdem zu ermöglichen, kann das Soziale Lernen zum Beispiel ins Schulkonzept aufgenommen, an den Sportunterricht oder Projekttage angedockt werden. Jede Schule kann hier ihren eigenen Weg finden.

Ein Stempel als Gesprächsanregung 

Nach den Trainingseinheiten bekommen die Kinder einen Stempel mit einem Haifisch. Sie dürfen sich aussuchen, wo sie den Stempel haben möchten. Zum Beispiel auf den Arm oder auf ihr Hausaufgabenheft. Das gleiche Prinzip gilt auch für die Eltern: wenn diese bei einem Elternabend mitgemacht haben, kriegen auch sie einen Stempel. Das regt dazu an, sich auszutauschen und vom Erlebten zu erzählen. 

Feste feiern und Werbung machen 

An jeder Schule gibt es Feste. Solche Anlässe lassen sich gut nutzen, um auf Themen wie Soziales Lernen und Gewaltprävention hinzuweisen. Das Bildungsforum im Falkenhagener Feld hat dafür extra ein großes Haifisch-Kostüm angeschafft. So kann sehr werbewirksam ein Gesprächsanlass geschaffen werden und das Thema wird bekannter. 

„Das Besondere an unserem Angebot ist, dass es wirklich durch und durch in der Praxis erprobt ist. Es sind keine neuen Spiele, sondern ganz klassische Spiele, die man auch immer schon gespielt hat. Aber sie wurden so angepasst, dass sie besser für die Gewaltprävention genutzt werden können. Außerdem finden sich viele Tipps, die während der Probephase entstanden sind.“ 
Sabine Clausen, Projektkoordinatorin Bildungsforum im Falkenhagener Feld